Faszination und Gefahr als ständige Begleiter auf dem Baikalsee

Wolfgang Kulow

© via: Wolfgang Kulow

Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder zum Baikalsee zurückzukehren. Am 18. Februar geht es gemeinsam mit Jörn Theissig los, und diesmal will ich es unbedingt schaffen, den See von Süden nach Norden zu überqueren. Es wird mein dritter Versuch und ich werde nicht aufgeben, bis es mir geglückt ist. Aus den zwei gescheiterten Versuchen habe ich eine Menge mitgenommen und diesmal werde ich natürlich ganz besonders motiviert sein, da wir durch unseren Spendenlauf in Ko-Operation mit Viva con Aqua Menschen an die Trinkwasserproblematik erinnern und zu Spenden für ein Projekt in Nepal überzeugen möchten. (Hier geht es zum Spendenformular: Betterplace.org/fundraising-baikalsee.")

Faszination Baikalsee
Eigentlich wollte ich nie nach Sibirien, es war für mich irgendwie negativ besetzt. Doch über den Baikalsee hatte ich schon sehr viel gehört. Er hatte etwas Hochinteressantes, das mich neugierig machte. Dieser See ist mit über 1600 m der tiefste Süßwassersee der Erde und noch dazu der älteste. Er beinhaltet ein Fünftel der Süßwasserreserven der Erde. Die Temperaturen liegen im Winter bei bis zu -50 Grad Celcius und der See ist von November bis Mai meist komplett zugefroren. Durch das klare Wasser des Sees wirkt das Eis schwarz und man kann unheimlich weit in die Tiefe des klaren Sees blicken. Einfach unglaublich.

Allein unterwegs
2013 sollte am Baikalsee das erste Siberian Black Ice Race stattfinden, ein neues Extremsport-Rennen. Mein Freund Joey Kelly wollte auch daran teilnehmen. Ich suchte Sponsoren und meldete mich an. Ich buchte einen Flug, bereitete die Logistik vor, war begeistert im Training. Doch dann wurde das Rennen sehr kurzfristig abgesagt.

Doch mein Training und meine Vorbereitungen standen und meine Begeisterung war ungebrochen. Also dachte ich mir, dann fliege ich eben alleine hin und mache das allein. Ich wollte den See mit dem Fahrrad überqueren – 650 km in 14 Tagen. Das hatte vorher noch nie jemand allein geschafft. Ich flog also nach Irkutsk und fuhr von da aus nach Listwjanka, eine Stadt im Süden des Sees, weiter. Ich ließ mir einige Tage Zeit, um mich an das Klima vor Ort zu gewöhnen. Außerdem musste ich mich daran gewöhnen, auf dem Eis zu schlafen. Ich testete das für zwei Nächte und musste mich erst daran gewöhnen. Ständig hörte ich, wie das Eis knirschte und knackte. Es fühlt sich so an, als ob man gleich mit allen Sachen in die Tiefe fällt. Das war vor allem psychologisch eine Riesen-Herausforderung.

Start mit ordentlichem Gegenwind
Nach einer Woche brach ich dann mit meinem Fahrrad auf. Ich hatte 305 Nägel-Spikes an meinem Fahrrad, außerdem etwa 30 kg Gepäck, dabei einen Benzinkoffer, Schlafsack und Zelt. Die Technik war einfach gehalten, denn je komplizierter die Technik, umso mehr kann auch kaputt gehen. Ich hatte das vorher mal an der Ostsee getestet. Zunächst lief alles gut.

Doch gleich an meinem ersten Tag gab es einen Schneesturm. Plötzlich war niemand mehr draußen, weit und breit war kein Mensch zu sehen. Ich stand dann da, hatte die ersten Kilometer schon losgeschoben. Doch der Sturm war so stark, dass vom Baikalsee nichts mehr zu sehen war, auch keine mehr Fahrspuren auf dem See. Ich dachte: „Was mache ich denn jetzt?“ Ich war ja begeistert und vorher hatte die Sonne geschienen. Ich hatte an den Tagen vorher immer gedacht: „Es ist so traumhaft hier!“ Ich konnte gar nicht verstehen, warum die Leute so negativ über Sibirien sprachen. Doch jetzt, als ich loswollte, stand im Schneesturm.

Hauptsache Nerven bewahren
Ich wusste, die gesamte Entfernung sind 650 km. Und schon nach wenigen Metern ging gar nichts mehr. Mir war klar, dass ich die Nerven behalten musste. Weiter konnte ich nicht, also musste ich mein Zelt hier aufschlagen. Zurück in die Pension war keine Option. Zumal es da 28 Grad Celsius waren. Darauf hatte ich kein Bock mehr, da bekam ich kaum noch Luft. Ich wollte ja in der Kälte leben, also musste ich draußen bleiben.

Zunächst legte ich mich mit dem Fahrrad hinter eine Schneewehe und wartete zwei oder drei Stunden. Dann wurde der Schneesturm langsam weniger und ich schob noch einmal los. An diesem Tag habe ich noch 20 km geschoben und dann mein Zelt aufgebaut. Am nächsten Morgen sah es dann wieder so aus, als wenn nichts gewesen wäre.

Es war wirklich wie zwischen Himmel und Hölle am Baikalsee. Es ist traumhaft, mit blauem Himmel und Sonnenschein. Es ist bitterkalt, keine Frage, aber wenn du gut angezogen bist, ist es super schön. Das geht immer für 4 oder 5 Tage so. Und dann kommen wieder ein oder zwei Tage Schneesturm.

Gefahren überall
Die Stürme sind schon ein Risiko. Wenn du da draußen bist und plötzlich ein Sturm losgeht, weißt du manchmal nicht mehr, wo links und rechts ist. Und der Kompass hilft da auch nicht viel weiter, denn im See gibt es Manganfelder. Die lenken den Kompass ab und er spielt verrückt. Dabei haben sich schon manche verirrt.

Doch die Schneestürme sind nicht das größte Problem. Die eigentliche Gefahr sind die Risse im Eis. Das Eis selbst ist etwa einen Meter dick. Das ist natürlich sicher zu überqueren. Doch es gibt auch heiße Quellen und der See liegt in einem Erdbebengebiet. Bei jedem kleinen Beben verändern sich das Eis und die Lage der warmen Quellen. Es bilden sich Risse. Diese Risse sind zwischen 10 cm und bis zu 3 m breit. Um weiterzukommen, musste ich da drüber. Das war oft die größte Herausforderung und teilweise sehr gefährlich.

Doch woran ist mein erster Versuch, den Baikalsee zu überqueren, letztlich gescheitert? Hier bekommt ihr die Antwort in meinem nächsten Artikel auf Dreampions.

Euer Wolfgang Kulow


Bei Dreampions werden Jörn und ich weiter regelmäßig von unseren Vorbereitungen und der Umsetzung unseres Traumprojektes berichten - und wir hoffen auf deine Unterstützung des Spendenprojektes Chitwan. Hier kannst du jetzt spenden:
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