Torres del Paine Nationalpark – jeder Blick ein Fotomotiv!

Eine Wanderung am vielleicht schönsten Ort der Welt


© kovgabor79

Auf die dreiwöchige Rundreise durch Chile hatte ich mich schon seit Monaten gefreut. Ende Oktober ging es endlich los in den Frühling am anderen Ende der Welt.


Wir hatten die Reise gründlich geplant, um möglichst viel von dem Land zu sehen, das sich über etwa 4300 Kilometer von Norden nach Süden zwischen Pazifikküsten und Andenkamm entlangschlängelt. Unser erstes Ziel war Santiago – eine faszinierende Stadt vor eindrucksvollem Bergpanorama. Von dort ging es weiter in die Atacama-Wüste mit ihren Salzwüsten, der Mondlandschaft im Valle de la Luna, den endlosen Weiten im Tal des Todes, der atemberaubenden Geysir-Landschaft El Tatio mit den höchstgelegenen Geysiren der Welt und einigen endlos erscheinenden Sanddünen. Wirklich eindrucksvoll.

Doch es kam noch besser. Mit einem Inlandsflug von Calama im hohen Norden ging es für uns als nächstes ganz in den Süden des Landes nach Punta Arenas und von dort aus nach Puerto Natales, dem Einstiegsort in den Torres del Paine. Die viertägige Wanderung durch den berühmten Nationalpark in Patagonien sollte ein Höhepunkt unserer Reise werden. Doch dafür bedurfte es zunächst einiger Vorbereitungen. Puerto Natales ist auf wanderfreudige Touristen eingestellt. Es war zum Glück nicht schwer, eine nette Pension zu finden, in der wir den für die Wanderung unnötigen Teil unseres Gepäcks zwischenlagern konnten. Auch ein Händler für Campingbedarf mit günstigen Verleihgebühren war schnell gefunden, wo wir ein Zelt und Isomatten mitnahmen. Eigene Schlafsäcke hatten wir dabei. Auf einen Camping-Kocher verzichteten wir aus Gründen des Gewichts und besorgten uns nur leichte Lebensmittel: Brötchen, etwas Wurst und Käse und ein paar Apfelsinen für die Vitaminversorgung. Eine gute Wahl?

Nach dem Vorbereitungstag, an dem wir auch einen Bustransfer buchen konnten, ging es an einem Freitag schließlich los: Gegen 10 Uhr bestiegen wir den Bus, der uns in den Park brachte. Wir wanderten für ein paar Stunden und schlugen am späten Nachmittag das erste Mal an einem gut besuchten Campingplatz unser Zelt auf. Am nächsten Tag wagten wir uns weiter, vorbei an den „Drei Schwestern“, dem Wahrzeichen des Nationalparks, vorbei an meterhohen Wasserfällen, Felsschluchten und grünschimmernden Seen. Die Aussicht war atemberaubend. Auf der einen Seite lagen bis zu 3000 Meter hohe, schneebedeckte Berggipfel, auf der anderen Seite eröffnete sich dem Blick eine endlose Weite mit Seen, Hügeln und Graslandschaft. Wir waren zu zweit völlig allein unterwegs. Fast nie trafen wir andere Wanderer. – Wo waren all die Leute vom Campingplatz bloß hin?

Das Wetter änderte sich fast minütlich. Mal war der Himmel wolkenverhangen und es nieselte etwas, mal war fast alles vom Nebel verdeckt. Dann plötzlich verzog sich der Nebel, die Sonne brach durch die Wolken, zeichnete einen wunderschönen Regenbogen und schuf unglaubliche Bilder von der Landschaft. Ich war fasziniert. Immer wieder blieb ich stehen, um einen Rundumblick zu genießen und die schönsten Aussichten auf Foto festzuhalten. Doch ich wusste schnell, dass wohl nie ein Foto so schön sein konnte, wie dieser Park sich zeigte. Mit jedem Schritt wurde die Erfahrung intensiver.

Wir hatten uns lange Tagestouren vorgenommen, insbesondere für uns als untrainierte Wanderer. Der Zeltplatz für die zweite Nacht lag gefühlt mindestens eine Stunde zu weit entfernt. Doch die Aussichten entschädigten mich immer wieder. Wir stoppten an einem offiziellen Campingplatz direkt an einem Gebirgsbach. Wir hatten den Platz für uns. Erst spät abends gesellte sich noch ein zweites unternehmungslustiges Paar dazu. An diesem Abend stellten sich erstmals Zweifel an unserer Essensplanung ein. Ein Salamibrötchen war kein idealer Energielieferant nach einem ganzen Tag Gebirgswandern. Aber egal.

Am nächsten Tag ging es weiter, zunächst per Hängebrücke über eine tiefe Schlucht, weiter über Geröllwege ganz nah an der Schneegrenze vorbei. Wir wollten bis zum Grey Gletscher kommen, etwa 9 Stunden entfernt. Doch unterwegs mussten wir immer wieder Pause machen. Die Aussicht war einfach zu toll, um einfach so vorüber zu gehen. Und wir waren ausgehungert, hatten eigentlich genug von belegten Brötchen. Aber eine Einkehr in einem der Refugios war eigentlich nicht im Budget. Für eine Suppe musste es dann aber doch reichen. Und weiter ging es.

Wir sollten für all diese Anstrengungen belohnt werden. Etwa vier Stunden vor dem Ziel kam der Gletscher in Sicht. So etwas hatte ich noch nie gesehen: Der Gletscher „fließt“ regelrecht in den See. An drei verschiedenen Stellen ergießen sich Ausläufer des Gletschers so in den See, dass es wirkt, als würde von oben jemand immer wieder nachgießen. Ich habe gelernt, dass Eis eigentlich zähflüssig ist und sich, wenn auch nur sehr langsam, ständig fortbewegt. Das Eis schimmerte blau, der See lag grünlich vor uns und überall am Ufer schwammen Eisbrocken unterschiedlicher Größe. Der Himmel vollendete das Bild: Mit unzähligen Farbstufen von blau, grau und weiß, mit ständig wechselnden Wolkenformationen – mal wie auf einer Wäscheleine aufgezogen, mal in bedrohlicher Gewittermanier, dann wieder friedliche Wattewölkchen vor überwiegend blauem Himmel. Wie gern hätte ich all das genauso festgehalten, am liebsten gemalt…

Aber wir hatten noch einen weiten Weg vor uns. Die Füße waren schwer, doch der Körper wie magisch angezogen von dem faszinierenden Gletscherblick. Wie würde das Ganze aus der Nähe aussehen? Immer differenzierter zeigten sich einzelne Eisbrocken. Hin und wieder brach einer davon mit lautem Getöse ins Wasser. Genau auf Höhe des Gletschers lag endlich der Campingplatz. Wir hatten gerade noch Kraft, einmal bis zum Ufer zu klettern und das Zelt aufzubauen. Ein Salamibrötchen und schon waren wir eingeschlafen.

Der nächste Tag sollte leider auch schon unser letzter Tag im Nationalpark sein. Wir unternahmen noch eine Tour entlang des Gletschers und ich erlebte eine weitere Überraschung. Die Umgebung hatte sich gewandelt und wir befanden uns in einem Wald, der genauso aussah, wie ich mir immer einen Märchenwald vorgestellt hatte. Wäre dort eine Fee oder ein Gnom hinter einem Baum hervorgetreten, es hätte mich wenig überrascht. Die Baumstämme waren mit Moos bewachsen, die Sonne warf ein warmes Licht auf den Boden, alles war grün, nur das Blau des Gletschers schimmerte immer wieder durch die Bäume.


Ich lief den Rest des Tages umher mit dem Bedürfnis, all diese Bilder für immer in mir aufzunehmen. Ich hätte ewig dableiben sollen. Selbst ein Jahr im Park schien mir nicht genug, um von der unglaublichen Umgebung je genug zu bekommen. Doch auf der anderen Seite wuchs das Bedürfnis nach einer richtigen, nahrhaften, warmen Mahlzeit und auch die Abfahrtszeit unseres Bootes, dass uns den Rückweg über den Lago Pehoé erleichtern sollte, rückte stetig näher. Ich wollte nicht fort. Als wir dann im Bus saßen und zum Abschied sogar noch einige Guanakos vorbei kamen, war ich um viele Eindrücke reicher und glücklich, das alles gesehen zu haben.

Ich habe mir vorgenommen, dass ich eines Tages in den Torres del Paine zurückkehren werde. Das nächste Mal allerdings mit besserer Verpflegung… :) Und ich bin fest entschlossen, dass dieses nächste Mal kein Traum bleibt und nicht in allzu ferner Zukunft liegt.




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Der Grey Gletscher







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