Machu Picchu: Atemberaubende Ausblicke auf den Spuren der Inkas
Eine unvergessliche Wanderung zu einem der 7 Neuen Weltwunder
© alexmillos
Machu Picchu – mehr als einer Millionen Menschen zieht die Ruinenstadt jährlich an. Seit 2004 dürfen nur noch 500 Personen pro Tag den historischen Inka-Pfad benutzen. Damit ist diese Erfahrung zu einem seltenen Abenteuer geworden.
Peru – Abenteuer und Lebenstraum
Für mich klang Machu Picchu immer geheimnisvoll, abenteuerlich und unerreichbar. Ein Ort in einem anderen Teil der Welt, den ich von Fotos kannte. Aber würde ich ihn jemals mit eigenen Augen sehen?
Irgendwann drängte sich mir die Frage auf: „Warum eigentlich nicht?“ Also überredete ich meinen Freund zu einer 3-wöchigen Rundreise auf eigene Faust. Zahlreiche Reiseführer und Ausflüge zu Wanderausstattern später war ich bereit. Ich wollte Machu Picchu besuchen und auf den Spuren der Inkas wandern. Die Geschichte dieser hochentwickelten Kultur, die der Habgier spanischer Entdecker zum Opfer gefallen ist, hatte mich schon immer fasziniert.
Der Flug nach Peru war eine ordentliche Investition, die aber durch sehr moderate Kosten vor Ort wieder ausgeglichen wurde. Nach 30 Reisestunden minus 7 Stunden Zeitverschiebung waren wir in Lima, der peruanischen Hauptstadt. Von hier aus ging es mit lokalen Bussen weiter durch das Land – über Pisco, Arequipa und den Titicacasee kamen wir schließlich nach Cusco. Die ehemalige Hauptstadt des Inka-Reiches liegt 3.400 m über dem Meeresspiegel. Auf dieser Höhe ist die Luft dünn. Es erfordert 3 bis 4 Tage, bis der Körper damit zurechtkommt. Anfangs ist man nach nur wenigen Schritten völlig außer Atem. Schon das Laufen auf ebenem Boden strengt so an wie sonst nur langes Treppensteigen. Die Stadt liegt in einer Senke, aber um alle Sehenswürdigkeiten der Umgebung – wie die Ruinen von Saksaywaman – zu besichtigen, muss man ordentlich die Berge rauf. Das war schon einmal gutes Training für das, was wir noch vorhatten.
Vorbereitungen für den Inka Trail
Wir hatten nämlich beschlossen, den Inka-Trail zu wandern – so wie es die Inkas früher auch taten, wenn sie in die Stadt in den Bergen wollten. Geführte Touren für die 4-tägige Wanderung werden in Cusco überall angeboten. Durch Tipps von anderen Reisenden entschieden wir uns für einen etwas teureren Anbieter direkt am Plaza de Armas. Die Wanderung wurde mit Vollverpflegung angeboten. Nachdem einige von gruppenübergreifenden Brechdurchfall-Erkrankungen berichtet hatten, hatten wir das Gefühl, etwas mehr Geld wäre gut angelegt. Wir wurden nicht enttäuscht.
Als die Wanderung gebucht war, machte sich bei mir Nervosität breit. Würde ich es wirklich schaffen, 4 Tage lang zu wandern, wenn ich mich schon nach 100 m den Berg hoch am liebsten mal kurz hinsetzen wollte? Ich halte mich durchaus für sportlich, aber die Höhe flößte mir Respekt ein. Und dann auch noch mit Gepäck... Mit gemischten Gefühlen ging ich schlafen.
Unterwegs auf den Spuren der Inkas
Am nächsten Morgen ging es los. Zunächst brachte uns ein Bus bis zum Ufer des Rio Urubamba. Von dort aus ging es dann zu Fuß weiter – nun gab es kein Zurück mehr. Wir waren eine kleine Reisegruppe von 13 Personen und hatten einen erfahrenen Wanderführer.
Jeder trug seinen eigenen schweren Rucksack – bei mir waren es 16 kg – für etwa 8 bis 10 Stunden täglich. Das war sicherlich nicht die entspannteste Art zu Wandern, aber keiner wagte es, sich zu beklagen. Der Grund: Die Träger, die für die Ausrüstung verantwortlich waren, schleppten riesige Pakete von Zelten, Lebensmitteln, Kochausrüstung und Geschirr etc. auf ihrem Rücken und liefen mit ihren Sandalen aus Autoreifen mit unglaublicher Geschwindigkeit an uns allen in unserer modernen Trekkingausrüstung vorbei. Es fühlte sich zugegeben eigenartig an. Nutzten wir die lokale Armut aus? Oder waren das eben die Lebensbedingungen in einem Entwicklungsland und wir unterstützten mit unserer Reise den Lebensunterhalt einiger Familien? Wahrscheinlich war es von beidem etwas. Mit einem großzügigen Trinkgeld machten viele von uns dem schlechten Gewissen am Ende der Reise etwas Luft.
Die Umgebung war atemberaubend. Der Hochgebirgsweg war teilweise von Pflanzen umgeben, die an die Tropen erinnerten. Immer wieder eröffneten sich wunderschöne Ausblicke auf schneebedeckte Gipfel und weite Schluchten. Es war kühl, aber der anstrengende Weg verhinderte, dass ich davon etwas fühlte.
Der Weg ist das Ziel
Wir wurden bestens versorgt. Als wir abends am Tagesziel ankamen, waren die Zelte bereits aufgebaut und aus den Töpfen duftete es nach einem köstlichen Abendessen. Im Gemeinschaftszelt genossen wir lokale Spezialitäten und tauschten uns noch bis spät in die Nacht über die spannendsten Reiseziele und -abenteuer aus. Doch irgendwann fielen wir einfach in unsere Zelte.
Der wohl anspruchsvollste Teil der Wanderung stand am zweiten Tag auf dem Programm: Der Warmiwañusca, der Pass der Toten Frau, liegt auf einer Höhe von 4.200 m, am Ende eines Anstieges um 1.600 Höhenmeter. Es kostete viel Kraft, immer weiter zu steigen, ständig einen Fuß vor den anderen zu setzen. Doch die Beharrlichkeit zahlte sich aus. Jeder Schritt brachte uns dem Pass näher und irgendwann waren wir oben. Was ich nicht erwartet hatte: Ganz oben auf dem Pass inmitten der Wildnis saßen zwei Indigena-Frauen und verkauften Erfrischungsgetränke. So einsam, wie sich die Gegend anfühlte, war sie wohl doch nicht…
Nach dem Pass konnte uns nichts mehr abschrecken. Auf dem weiteren Weg wurden wir durch einige Inka-Ruinen entschädigt, die nur über den Inka-Pfad zugänglich und entsprechend wenig besucht sind. Die Tage waren eine Mischung aus anstrengenden Wanderetappen, tollen Ausblicken, dem Eintauchen in die Welt der Inkas und der Vorfreude auf den Höhepunkt an Tag 4.
Mythos und Realität von Machu Picchu
Am letzten Tag hieß es früh aufstehen. Am eindrucksvollsten zeigt sich Machu Picchu im Sonnenaufgang und wir hatten noch etwa 90 Minuten Weg vor uns. Alle waren aufgeregt und liefen etwas schneller als an den Tagen zuvor. Dann waren wir endlich da – ein Steintor auf dem letzten Hügel gab den Blick auf die dahinter liegenden Ruinen von Machu Picchu frei.
Es war zunächst bewölkt und bei mir machte sich etwas Enttäuschung breit. Ja, alles sah aus wie auf den Postkarten, aber ohne das perfekte Wetter irgendwie weniger eindrucksvoll. In den letzten Tagen hatten wir schon viele Ruinen gesehen und am Ende waren es wieder Grundmauern von früheren Gebäuden. Doch irgendwann kam die Sonne durch und Machu Picchu zeigte sich von seiner besten Seite. Bei genauerer Betrachtung wuchs meine Ehrfurcht für die alte Inka-Kultur. Der beeindruckende Kalenderstein, der Opferaltar im Sonnentempel, die ausgetüftelte Architektur – all das zeigte, wie hoch entwickelt die Inkas tatsächlich waren. Ich entdecke viele Besonderheiten, die keine Postkarte festgehalten hatte.
Belohnung
In mir breitete sich das Gefühl aus, es geschafft zu haben. Ich habe diesen als UNESCO-Weltkulturerbe und Neues Weltwunder ausgezeichneten Ort mit eigenen Augen gesehen und mich viele Kilometer auf engen Gebirgswegen auf und ab gekämpft, um diesen Anblick nun genießen zu können.
Hat sich die Anstrengung gelohnt? Auf jeden Fall. Heute sehe ich viel mehr als nur die Ruinen, wenn mir mal wieder ein Foto von Machu Picchu unterkommt. Ich sehe auch die Wanderung, die Berge und das Gefühl, mich auf dem Weg selbst bezwungen zu haben. Und ich erinnere mich an einen ganz besonderen Moment am ersten Morgen: Nachdem mich ein Bedürfnis früh morgens aus dem Zelt gedrängt hatte, war ich fasziniert, bei eisigen Temperaturen und in der Einsamkeit der Natur einen unglaublichen Sonnenaufgang zu erleben. Die Ruhe, die Stille, die Weite – ich versuchte, alles in mir aufzunehmen. Von da an hatte ich die Stadt, die vielen Menschen und die Hektik der Vorbereitung endgültig hinter mir gelassen und genoss einfach nur den Augenblick.
Außerdem ist da noch die Erinnerung daran, was ich am Ende der Wanderung noch genießen durfte. Nämlich ein Bad in den heißen Quellen von Aguas Calientes, dem Dorf am Fuße des Berges Machu Picchu. Nach 4 Tagen wandern und nur der nötigsten Körperpflege war das ein unglaublicher Genuss für Körper und Seele.
Am Ende ist es nicht der Anblick des Berges Machu Picchu, den ich in Erinnerung behalten werde, sondern die Wanderung auf dem Inka-Pfad und damit die Wertschätzung für eine spannende Kultur. Und das Glück, einen Traum erfüllt zu haben.